Wie gehen unsere Kolleg*innen damit um, wenn Menschen nicht bleiben dürfen? Und wie ist es möglich, dabei unserer Mission treu zu bleiben? Daniela D., Leiterin einer Betreuungseinrichtung, nimmt dazu Stellung.
Fünf Polizisten stehen am Infopoint. Sie fragen nach der Zimmernummer einer Familie und machen sich auf den Weg dahin. Kurz darauf kehren sie mit der Familie zurück. Es ist hektisch. Wenig später fährt der Polizeiwagen mit der Familie ab.
Dass Menschen nicht in Österreich bleiben dürfen, gehört in unseren Betreuungseinrichtungen ebenfalls dazu. Wann und ob Rückführungen stattfinden, ist nicht vorhersehbar. Sie können schon drei Tage nach Ankunft der Klient*innen erfolgen, oder auch erst nach drei Monaten. Aber egal wie oft es passiert und wie viele es sind: Für Mitarbeiter*innen ist es immer herausfordernd. “Es ist hart”, sagt die Betreuungseinrichtungsleiterin Daniela D., “und wir haben keinerlei Einfluss darauf.”
Die Außerlandesbringung erfolgt durch das BFA (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) und die Exekutive. “In der Leitung werden wir darüber informiert, wer wann abgeholt wird.” Damit die Menschen nicht untertauchen, darf die Einrichtungsleiterin die Information nicht weitergeben.
Auch die Betreuer*innen wissen nicht darüber Bescheid – aus gutem Grund. “Unsere Mitarbeiter*innen sind professionell und wahren die Distanz – dennoch stehen sie mit den Klient*innen in einer Beziehung. Wäre ihnen eine bevorstehende Außerlandesbringung bekannt, würde das zu einer zusätzlichen Belastung und einem Loyalitätskonflikt führen.”
Umso wichtiger ist es, die Zeit während des Aufenthalts zu nutzen. “Wir versuchen, die Menschen in dieser Zeit zu stabilisieren und aufzufangen. Wir lenken sie von ihren Sorgen und ihren oft traumatischen Erfahrungen ab, indem wir sie zu Aktivitäten, Ausflügen oder Kulturveranstaltungen einladen. Das schönste Zeichen einer erfolgreichen Arbeit ist es, wenn die Klient*innen herzhaft lachen.“
Absolut kontraproduktiv sei es, falsche Hoffnungen zu schüren – im Sinne von “das wird schon noch klappen mit dem Aufenthaltsstatus.“ Viel wichtiger und auch im Sinne unserer Mission ist es, die Menschen zu stärken und sie auch auf eine mögliche Rückkehr in ihr Land vorzubereiten. “Darin liegt ein Schwerpunkt unserer Arbeit. Wir versuchen gemeinsam herauszufiltern, welche Möglichkeiten sie in ihrem Herkunftsland haben, wo sie Schutz finden und was sie tun könnten.”
Unser Fokus liegt darauf, die Menschen zu stärken. Wir sind für sie da und fangen sie auf, anstatt ihnen falsche Hoffnungen zu machen.
Ebenso entspricht es unserer Mission, dass die Kolleg*innen das Erlebte reflektieren, darüber reden und sich austauschen. Einmal pro Monat gibt es in Danielas Betreuungseinrichtung daher eine Teamsitzung, bei der in Kleingruppen Interventionen stattfinden. “Hier ist auch Platz um sich auszuweinen und auszuschimpfen”, erklärt Daniela.
Schimpfen, lachen, weinen: Es ist eine emotionale Arbeit, die unsere Kolleg*innen in der Grundversorgung verrichten. Sie verlangt mehr ab als das reine Abhaken von Punkten und oft findet sie kein positives Ende. Und doch gibt es sie, die Momente, in denen sich frühere Klient*innen melden und bedanken. “Das ist schön”, sagt Daniela – und lächelt.