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Grundversorgung

"Woher kommst du?" - "Von hier!"

Der internationale Tag gegen Rassismus macht uns darauf aufmerksam, dass Vorurteile aufgrund von Herkunft, Hautfarbe, Ethnie oder Religion noch immer gegenwärtig sind. Wir haben uns umgehört, wie unsere Betreuungseinrichtungen (BBE) damit umgehen und zeigen auf, wo wir vielleicht selbst blinde Flecken haben.

Eine junge weiße Frau lernt eine schwarze Frau kennen. „Woher kommst du?“, fragt sie.
“Aus Gramatneusiedl“, sagt die schwarze Frau.
“Aber woher kommst du wirklich, wo bist du geboren?”, wiederholt die andere.
“In Wien.“
Zwei harmlose, alltägliche und banale Fragen – oder?

Alltagsrassismus ist verbreitet
Tatsächlich steckt hinter dieser Frage viel mehr als die vermeintliche Neugierde, mit der so gern argumentiert wird. Wir wollen die Person unserem bekannten Weltbild entsprechend einordnen.

In die “richtige” Schublade stecken
Alltagsrassismus bezeichnet Vorstellungen und Klischees, die wir über Generationen etabliert und manifestiert haben. Oft sind wir uns dessen gar nicht bewusst.  “Die Leute in Afrika haben den Rhythmus im Blut“ – “für eine Türkin sprichst du aber gut deutsch” – “Südländer sind viel fröhlicher” –  “wo kommst du wirklich her?“ – diese vermeintlich einfachen Fragen ordnen ein, kategorisieren und schreiben Menschen Eigenschaften aufgrund ihrer Ethnie, Herkunft oder Hautfarbe zu. Damit schaffen wir Stereotypen und legen fest, dass es ein “wir” und ein “die anderen” gibt.

 

Rassismus hat viele Gesichter und keine eindeutige Definition. Von den scheinbar harmlosen Zuschreibungen bis zur klaren Diffamierung gehört alles dazu.

Übergriffe im Internet…
Auf Rassismus macht auch die österreichische Anti-Rassismus-Beratungsstelle ZARA in einem jährlichen Bericht aufmerksam. Im Vorjahr wurden ZARA 1.203 rassistische Vorfälle gemeldet. Die Dunkelziffer ist aber viel höher. Im Vorjahr betrafen etwas mehr als die Hälfte aller gemeldeten Fälle das Internet. Dazu zählt z.B., dass in einer Schüler*innen-WhatsApp Gruppe antisemitische, rassistische und LGBTIQ*-feindliche Nachrichten, Fotos und Memes geteilt wurden.

… und im “echten” Leben
Der Übergang zu realen Übergriffen sei laut ZARA fließend. 15,9 Prozent fanden im öffentlichen Raum statt, also auf der Straße, auf Verkehrsflächen, in Parks oder in öffentlichen Verkehrsmitteln. Sie gehen von Wand-Beschmierungen über Beschimpfungen bis zu körperlichen Übergriffen.

Unsere Klient*innen sind auch immer wieder Zielscheibe rassistischer Vorurteile. “Bei einer Zugkontrolle hat ein Schaffner unsere Burschen rausgeworfen, obwohl sie ein Ticket hatten”, erzählt Gabriela N., Einrichtungsleiterin der Betreuungseinrichtung Finkenstein. Davon erfuhren sie und ihre Kolleg*innen erst später in einem Projekt, den sie mit den UMF zum Thema “Rassismus” veranstaltete. “Uns war gar nicht bewusst, wie stark die Burschen dem Rassismus ausgesetzt sind, weil es innerhalb unserer Einrichtung einfach kein Thema ist. Seitdem sprechen wir mit ihnen noch mehr darüber.“ In den sogenannten Nationengesprächen erklären die Betreuer*innen zudem, was Vorverurteilungen noch weiter verstärkt, wie Auftritte in großen Gruppen oder lautes Verhalten.

Keine Konflikte provozieren
Doch nicht nur außerhalb der Betreuungseinrichtung, auch innerhalb gibt es manchmal Animositäten. “Ich würde sie nicht als rassistisch, sondern als nationalistisch bezeichnen”, sagt Stefan M., Betreuungs- und Versorgungsteamleiter der BBE Traiskirchen, der ebenfalls UMF betreut. Um von vornherein keine Konflikte zu provozieren – und natürlich auch wegen der gemeinsamen Sprache – werden die Zimmer in den Einrichtungen nach Herkunft zugeteilt.

„Bei vielen Jugendlichen spielt die Herkunft eine große Rolle, ihr Patriotismus ist groß“, erzählt Stefan M. Es ist paradox, denn eigentlich sind die Burschen ja aus genau dieser “Heimat” geflüchtet. Der Grund liegt laut Stefan darin, dass „sie wenig haben, worauf sie stolz sein können – außer eben ihre Herkunft und Heimat.“

Zugehörigkeit
Doch nicht nur zwischen den Herkunftsländern, auch innerhalb einer Nation kommt es zu Verurteilungen und Zuschreibungen. “Bei unseren afghanischen Burschen geht es zum Beispiel um die Volksgruppen und Ethnien, bei den somalischen Jugendlichen um die Stammeszugehörigkeit“, so Stefan. Gabriela berichtet: “Bei uns lebt immer wieder die Auseinandersetzung zwischen Kurden und Syrern auf.“

 

Gibt es konkrete rassistische Vorfälle, reagieren Gabriela und Stefan sofort darauf. Dazu finden sowohl Gespräche in größerer Gruppe oder Einzelgespräche in der Bezugsbetreuung statt. “Dabei weise ich immer auf unser Team hin”, sagt Gabriela. „Wir sind das perfekte Beispiel, wie man trotz unterschiedlicher Herkunft, Sprache usw. eine tolle Einheit bilden kann.”

Wir l(i)eben Vielfalt
Für die BBU ist Vielfalt nicht nur ein “Diversity Washing”. (Das bedeutet, dass viele Firmen sich zwar mit Diversity-Themen schmücken und nach außen vielfältig präsentieren, in Wahrheit aber nur ihr Image aufpolieren wollen.)

In der BBU bilden Menschen unterschiedlicher Herkunft mit unterschiedlichen Religionen, Ethnien und Sprachen eine Gemeinschaft, die sich gegenseitig toleriert. Egal ob Ramadan oder Weihnachten: Beides hat Platz.

 

Credits: Canva, feel image / Matern

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