Es ist die wichtigste Veranstaltung für unsere Kolleg*innen aus dem Geschäftsbereich Rückkehrberatung (RKS): Der Tag der Rückkehr und Reintegration fand Anfang November zum fünften Mal statt. Das Parkhotel Schönbrunn bildete die Kulisse des Events.
Die Familie mit zwei Kindern kommt aus Armenien. Eines davon ist sieben Jahre alt, es spricht gut deutsch und hat gesundheitliche Probleme. Das andere ist zwei Jahre alt. Die Eltern haben Armenien vor zweieinhalb Jahren verlassen, der Vater hat dort als Bäcker gearbeitet. Die Frau ist schwanger. Sie besitzt einen gültigen Reisepass, jener vom Vater ist abgelaufen. Das ältere Kind hat den Reisepass verloren, das Jüngere hat keine Geburtsurkunde.
Die Familie hat nun einen negativen Asylbescheid erhalten. Wie lassen sich die notwendigen Informationen der Familie erfragen, um Seite 8 Punkt 6 des EURP-Antrags auszufüllen?
Das war eine der Fragen, die es am Tag der Rückkehr und Reintegration zu lösen galt. An verschiedenen Stationen durften die Besucher*innen selbst in die Rolle der Rückkehrberaterin bzw. des Rückkehrberaters schlüpfen und einen fiktiven Fall – eben jener der armenischen Familie – bearbeiten. So lernten sie die unterschiedlichen Tätigkeiten des Geschäftsbereichs kennen.
An der Station “Reintegrationshilfe als Brücke zum Neuanfang” ging es darum zu zeigen, welche Informationen von Klient*innen nötig sind, um einen Projektantrag zu stellen und wo es Schwierigkeiten geben kann – etwa bei der Sprache oder bei ausbrechenden Gefühlen der Klient*innen, wie Misstrauen oder Angst.
Austauschen, informieren, debattieren
Die Rückkehrberatung deckt vieles ab und ist eine wichtige Säule der BBU. Das wurde am Tag der Rückkehr und Reintegration deutlich. An dieser Veranstaltung nehmen alljährlich neben der BBU das IOM sowie Vertreter*innen des BMI und des BFA teil.
Alle unter einem Dach
„Wir sind zusammengewachsen”, betont Geschäftsführer Andreas ACHRAINER anlässlich der Eröffnung des Events. Er gab in seiner Rede einen kurzen Rückblick, wie aus den Kolleg*innen verschiedener Vorgänger-Organisationen ein gemeinsames Team wurde. „Jetzt stehe ich voller Stolz hier und kann sagen: Es war gut, alle unter ein Dach zu bringen.”
Unsicherheiten im Heute und Chancen im Morgen
Im Anschluss präsentierten die Rückkehrberatungs(RKS)-Regionalleiter*innen unter dem Motto “Die BBU gestern, heute und morgen” eine Rückschau, zeigten aktuelle Vorgänge auf und wagten einen Ausblick in die Zukunft. “Ich kann mich noch an meinen ersten Klienten erinnern, das ist 18 Jahre her”, erzählte Dijana B., Regionalleiterin der Rückkehrberatung West. Sie nahm die Besucher*innen auf eine kleine Zeitreise mit.
Lazar S., Regionalleiter Ost, wies wiederum auf die Herausforderungen auf dem Weg zur Neuorganisation der RKS hin. Alen A., Regionalleiter Süd, bemerkte, dass die Rückkehrberater*innen „Klient*innen nicht nur hier und jetzt beraten, sondern auch Perspektiven eröffnen. Wir sind Brückenbauer und schaffen Verbindungen zwischen Unsicherheiten im Heute und Chancen im Morgen.”
Menschlichkeit und Professionalität gehen Hand in Hand
Anela V., RKS-Regionalleiterin Nord, berichtete über Meilensteine, die in letzter Zeit umgesetzt wurden. Dazu zählt die verbesserte Vorbereitung auf das verpflichtende Rückkehr-Gespräch oder die effizientere Gestaltung zur Erfassung der Klient*innendaten.
„Unser Ziel ist klar und eindeutig: Wir ermöglichen Menschen eine Rückkehr in Würde, eine Rückkehr in ihr Heimatland“, so Anela. “Dabei setzen wir auf eine kontinuierliche Optimierung unserer Prozesse, wie den Mobilisierungsplan 4.0, und streben stets danach, dass Menschlichkeit und Professionalität Hand in Hand gehen. ”
Im Anschluss erklärte Marija M., Leiterin und Fachkoordinatorin vom Rückkehrbüro, worauf es bei einer reibungslosen Rückkehr ankommt. Sie beeindruckte mit statistischen Daten. “Türkei, Irak, Serbien wie Peru, Kuba, Nicaragua und Saudi-Arabien – über 500 Heimreisedokumente haben wir von Januar bis Oktober 2024 für diese und viele andere Länder beschafft.”
Im gleichen Zeitraum wurden 2700 Rückreisen organisiert. Der Organisationsaufwand ist enorm: Dokumente müssen besorgt, Flüge gebucht, Zertifikate gecheckt werden. Dazu kommen bürokratische Hürden und unsichere geopolitische Verhältnisse.
Administrieren und koordinieren
Auch Sarah F., Leiterin des Servicebüros RKS, präsentierte Zahlen: “2.676 Menschen konnten durch uns von Jänner bis Oktober 2024 vertrauensvoll zurückkehren.” Das Servicebüro stellt den reibungslosen Ablauf des Geschäftsbereichs sicher.
Es organisiert Begleitfahrten für Klient*innen, administriert und koordiniert Sprachmittlungsleistungen und wickelt Direct-Mail-Aktionen im Auftrag des BMI durch, zuletzt für die Sonderaktion Irak.
“Wir bewegen uns vorwärts!“
Um die Abwicklung stetig zu verbessern, setzt die RKS auf Weiterbildung. “Wer aufhört, sich weiterzubilden, bleibt stehen! Aber keine Sorge! Wir stehen nicht still – wir bewegen uns vorwärts, wir wachsen”, stellt Semra Sanjeet K. klar. Die Sachbearbeiterin für RKS-Projekte nahm in ihrer Präsentation Weiterbildung und Sprachmittlung in den Fokus.
Gut informiert
Nach einer kurzen Pause nahmen BMI-Abteilungsleiterin Nadja HAUER, RKS-Geschäftsbereichsleiter Michael HAJEK, Thomas FAULMANN vom BFA und Edith VASILYEV vom IOM zum Spannungsfeld Rückkehrberatung Stellung. BBU-CCO Bernhard PÖLZL moderierte die Podiumsdiskussion. Auch wenn es im Detail Differenzen gab, waren sich die Diskutant*innen einig: Die Entscheidung zur Rückkehr muss von der/dem Klient*in selbst und gut informiert erfolgen. Michael HAJEK betonte in diesem Zusammenhang, dass die BBU zu Beginn kritisch gesehen wurde, sich aber mittlerweile als glaubwürdiger Akteur in einem sensiblen Feld etabliert hat. “Das haben wir unseren Rückkehrberater*innen zu verdanken.“ Um weitere Aufklärungsarbeit zu leisten, seien die Communities ein wichtiger Hebel. Das Publikum brachte sich ebenfalls mit Fragen ein, das führte zu einem interessanten Austausch.
An den Stationen wird deutlich, wie viele Komponenten diese Entscheidung umfasst – und was es bedeutet, dieses “Spannungsfeld” praktisch zu leben. Wobei der Prozess der freiwilligen Rückkehr nicht nur die Beratung umfasst. Er beinhaltet auch Vorgänge, die oft gar nicht bedacht werden, wie etwa den Transport.
Mehr als eine Fahrt von A nach B
Was, wenn ein Stau passiert, die Klient*innen verspätet sind oder nicht erscheinen, oder der Flug storniert wird? Im Falle der armenischen Familie müsste eine schwangere Frau und ein Kind mit gesundheitlichen Problemen transportiert werden – was gilt es dabei zu beachten? Dass ein Transport mehr ist als eine Fahrt von A nach B, fanden die Besucher*innen bei der Station “Transferplanung” schnell heraus. Danylo R., Mitarbeiter Klient*innenbegleitung und Nicolas Peter V., Fachkraft Büroadministration Servicebüro, erklärten, wie die Organisation funktioniert.
Chance für einen Neubeginn
An jeder Station nahmen die Teilnehmer*innen nicht nur viel Wissen, sondern auch spezielle Wörter mit. Diese konnte man in einen Lückentext einfügen. Daraus entstand ein Text, der für die freiwillige Rückkehr und Reintegration steht. Er stellt klar, was unsere Rückkehrberatung letztendlich ist: die Chance für einen Neubeginn.